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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Urteil verkündet am 04.11.2004
Aktenzeichen: 2 U 108/04
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG n.F. § 5 |
Oberlandesgericht Stuttgart 2. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 2 U 108/04
Verkündet am 04. November 2004
In dem Rechtsstreit
wegen Unterlassung
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2004 unter Mitwirkung von
Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. M, Richter am Oberlandesgericht H, Richter am Oberlandesgericht R
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 14.05.2004 - 21 O 48/04 KfH -
abgeändert:
Der Verfügungsbeklagten wird im Wege der einstweiligen Verfügung,
bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an den Geschäftsführern der Verfügungsbeklagten zu vollstrecken ist,
untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes Haushaltsgeräte mit Produktausstattungsmerkmalen zu bewerben, über welche die beworbenen Geräte zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung tatsächlich nicht verfügen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unter gleichzeitiger Zurückweisung der weitergehenden Berufung
zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 50.000,-- €.
Gründe:
I.
Die Verfügungsbeklagte hat am 04.03.2004 in einer Beilage der Zeitung "H" für ein Mikrowellengerät des Herstellers S geworben. Dabei hat sie als Produktausstattungsmerkmal u. a. eine Mikrowellenleistung von 900 Watt angegeben; tatsächlich verfügt die beworbene Mikrowelle jedoch über eine Mikrowellenleistung von lediglich 800 Watt.
Des Weiteren hat die Verfügungsbeklagte am 10.03.2004 in der Zeitung "E" in einer Beilage einen DVD-Player vom Typ G des Herstellers G beworben, u. a. mit dem Produktausstattungsmerkmal "integrierter AC-3 Decoder".
Die Verfügungsklägerin sieht hierin eine irreführende Werbung, da der DVD-Player zur Wiedergabe von Mehrkanalton ein Zusatzgerät benötige und daher nicht über die Funktion eines integrierten AC-3 Decoders verfüge.
Die Verfügungsklägerin hat beantragt,
der Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Geräte der Unterhaltungselektronik - und/oder - Haushaltsgeräte mit Produktausstattungsmerkmalen zu bewerben, über welche die beworbenen Geräte zum Zeitpunkt des Erscheinens der Werbung tatsächlich nicht verfügen.
Außerdem hat die Verfügungsklägerin einen Hilfsantrag gestellt mit dem Zusatz "insbesondere wenn dies geschieht, wie in der Werbung der Antragsgegnerin am 04.03.2004 in der "H" und am 10.03.2004 in der Zeitung "E".
Die Verfügungsbeklagte ist den Anträgen entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, dass die Antragsfassung, soweit diese sich auf Haushaltsgeräte beziehe, die konkrete Verletzungsform verfehle und eine unzulässige Verallgemeinerung darstelle. Hinsichtlich der Werbung für den streitgegenständlichen DVD-Player macht die Verfügungsbeklagte geltend, dass dieser in der Lage sei, eine im 5-Kanalsystem aufgenommene DVD auf ein 2-Kanalsystem umzuwandeln, mithin über einen AC-3 Decoder verfüge.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 14.05.2004 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Soweit der Unterlassungsantrag sich auf Haushaltsgeräte bezieht, hat das Landgericht den Antrag zurückgewiesen, da in dem Antrag das Charakteristische der konkreten Verletzungshandlung nicht zum Ausdruck komme.
Hinsichtlich des streitgegenständlichen DVD-Players ist das Landgericht aufgrund der Vernehmung des Zeugen A und der Produktbeschreibung zu der Auffassung gelangt, dass der streitgegenständliche DVD-Player über einen integrierten AC-3 Digital-Decoder verfüge, womit die Funktion gemeint sei, digitale Signale in analoge Signale umzuwandeln.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin, mit der geltend gemacht wird, dass die Werbung mit nicht vorhandenen Produktausstattungsmerkmalen für eine Mikrowelle die Gefahr gleichartiger Verstöße für Haushaltsgeräte begründe, mithin keine unzulässige Verallgemeinerung vorliege.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts gehe der Verkehr bei der Werbung eines DVD-Players mit integriertem AC-3 Digital-Decoder davon aus, dass dieser in der Lage sei, die Dolby-Digital-Signale in sechs separate analoge Signale umzuwandeln.
Die Verfügungsklägerin wiederholt die in der 1. Instanz gestellten Anträge.
Die Verfügungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für richtig und macht geltend, dass die Aufgabe eines AC-3 Decoders darin bestehe, den in einem 5-Kanalsystem aufgenommen Ton in ein 2-Kanalsystem umzuwandeln, was das beworbene Gerät ohne weiteres leiste.
II.
Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zulässig und insoweit begründet, als die Untersagung der Werbung für Haushaltsgeräte mit nicht zutreffenden Produktionsausstattungsmerkmalen begehrt wird.
1.
Hinsichtlich der beworbenen Mikrowelle ist zwischen den Parteien unstreitig, dass in der Werbung eine zu hohe Wattzahl angegeben wurde und insoweit ein Verstoß gegen § 5 i.V.m § 3 UWG n. F. vorliegt. Außer Streit ist auch, dass die Werbung mit einer zu hohen Leistung die für einen Unterlassungsanspruch notwendige wettbewerbsrechtliche Relevanz aufweist.
Mit der Verfügungsklägerin ist davon auszugehen, dass die Erstreckung des Unterlassungsantrages auf Haushaltsgeräte keine unzulässige Verallgemeinerung darstellt und auch im Hinblick auf die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags nicht zu beanstanden ist.
Unter dem Gesichtspunkt der ausreichenden Schutzgewährung durch Unterlassungstitel sind Verallgemeinerungen im Klagantrag zulässig, wenn damit der Kern, das Charakteristische der konkreten Verletzungshandlung, richtig erfasst wird (BGH GRUR 1989, 609, 611 - Fotoapparate; BGH GRUR 1991, 254, 257 - unbestimmter Unterlassungsantrag I; BGH GRUR 1996, 800, 802 - EDV-Geräte).
Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass eine in bestimmter Form begangene Verletzungshandlung nicht nur die Wiederholung der genau identischen Verletzungshandlung vermuten lässt, sondern auch eine Vermutung für die Begehung zwar leicht abgewandelter, aber in ihrem Kern gleicher Handlungen begründet (vgl. BGH GRUR 1999, 509, 511 - Vorratslücken; BGH GRUR 2000, 202, 187, 188 - Lieferstörung).
Maßgebend ist daher, ob die Werbung für eine Mikrowelle mit falschen Produktangaben die Gefahr begründet, dass andere Haushaltsgeräte ebenfalls mit falschen Produktmerkmalen beworben werden. Dies wiederum ist davon abhängig, ob die konkrete Verletzungshandlung Eigenarten oder Besonderheiten aufweist, die bei anderen Geräten der Warengruppe nicht gegeben sind. Bestehen keine solchen Abweichungen, folgt aus der konkreten Verletzungshandlung die Vermutung für die zukünftige Begehung gleichartiger Verstöße.
Bei einer Mikrowelle handelt es sich um ein Haushaltsgerät, bei dem in der Werbung die für den Verbraucher wesentlichen technischen Daten, wie die Wattzahl, mitgeteilt werden. Insoweit unterscheidet sich die Werbung für eine Mikrowelle nicht von der Werbung für Waschmaschinen, bei denen ebenso leistungsbeschreibende Merkmale wie z. B. die Umdrehungszahl und der Wasserverbrauch angegeben werden. Entsprechendes gilt für Kühlschränke und andere zu der Gruppe der "Weißen Ware" gehörende Haushaltsgeräte.
Entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten kann aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2003, 446, 447 - Preisempfehlung für Sondermodelle), wonach auch Waschmaschinen und Kühlautomaten von der Warengruppe "Haushaltsgeräte" erfasst werden, kann nicht abgeleitet werden, dass die Warengruppe "Haushaltsgeräte" ausschließlich auf Geräte der sog. "Weißen Ware" zu beschränken ist.
Ebenso wie eine Verallgemeinerung unter Verwendung der Bezeichnung "Geräte für Unterhaltungselektronik" für zulässig gehalten wurde (vgl. BGH GRUR 2000, 907,909 - Filialleiterfehler ), ist vorliegend die Erweiterung des Antrags auf "Haushaltsgeräte" nicht zu beanstanden.
Demnach ist die Berufung insoweit begründet, als der Unterlassungsanspruch sich auf Haushaltsgeräte bezieht.
2.
Ohne Erfolg bleibt die Berufung in Bezug auf die Bewerbung von Geräten der Unterhaltungselektronik mit unzutreffenden Produktausstattungsmerkmalen.
Vorraussetzung für einen Irreführung i.S.v. § 5 UWG ist, dass der Verkehr mit dem Ausstattungsmerkmal " integrierter AC-3 Decoder" eine Funktion verbindet, über die der beworbenen DVD-Player nicht verfügt. Dies lässt sich vorliegend nicht feststellen.
Die Verfügungsklägerin hat den durch den Zeugen A bestätigten Vortrag der Verfügungsbeklagten, wonach ein AC-3 Decoder lediglich die Funktion habe, die auf einer DVD gespeicherten Daten so umzuwandeln, dass sie mit einem angeschlossenen Fernsehgerät wiedergegeben werden können, nicht widerlegt. Ihr gegenteiliger Vortrag, der Verkehr verstehe die Werbung für einen DVD-Player mit dem Ausstattungsmerkmal "integrierter AC-3 Decoder" dahingehend, dass an dieses Gerät - ohne Zwischengeräte - sechs Lautsprecher angeschlossen werden können, ist nicht glaubhaft gemacht und kann daher der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden.
Damit fehlt es an der Glaubhaftmachung des für den Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendigen Verfügungsanspruchs.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 ZPO.
Ende der Entscheidung
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